
Experten haben für uns von uns ausgewählte Fragen beantwortet:
Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. - Interview mit Reiner Holznagel
Was ist das größte Problem an der Staatsverschuldung?
Unsere Staatsverschuldung beträgt mittlerweile 2,5 Billionen Euro – eine Zahl mit 13 Ziffern! Auf jeden einzelnen Bürger in Deutschland entfallen dabei rechnerisch etwa 30.000 Euro Schulden. Das betrifft auch Schülerinnen und Schüler, obwohl sie noch gar nicht arbeiten. Diese Schulden haben große Folgen, denn insgesamt muss der Staat jedes Jahr etwa 60 Milliarden Euro allein für Zinsen bezahlen – damit könnte man alle Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen ein Jahr lang bezahlen.
Für Bildung insgesamt gibt der Staat jedes Jahr etwa 200 Milliarden Euro aus. Stellt Euch vor, wie viel mehr man für Schulen, Digitalisierung oder Sporthallen tun könnte, wenn die Zinszahlungen nicht so hoch wären. Daher ist es eine wichtige Frage, ob es fair ist, Euch und künftigen Generationen diese Schulden und die damit verbundenen Lasten zu hinterlassen.
Haben Sie in Ihrem Beruf direkt etwas mit der Staatsverschuldung zu tun, falls ja was?
Ja, auf jeden Fall! Als Präsident des Bundes der Steuerzahler setze ich mich jeden Tag dafür ein, dass die Politik verantwortungsvoll mit Steuergeld umgeht. Wir betreiben beispielsweise die „Schuldenuhr“ im Berliner Regierungsviertel – vielleicht kennt Ihr sie aus den sozialen Medien oder den TV-Nachrichten. Sie zeigt, wie die Staatsverschuldung steigt oder sinkt, damit alle Bürger sehen können, was gerade mit unseren Staatsfinanzen passiert.
Unser Ziel ist, dass Politiker in Bund, Ländern und Gemeinden achtsam mit Geld umgehen. Das bedeutet: Sie sollten auf Nachhaltigkeit und hohen Nutzen achten, Verschwendung vermeiden und keine neuen Schulden machen. Mit Schulden kauft sich die Politik sinngemäß Zeit, doch die künftigen Generationen werden dadurch belastet. Durch hohe Schulden und die entsprechenden Zinsen habt Ihr später weniger Spielraum für die Umsetzung eigener Vorstellungen.
Was würden Sie gegen die Staatsverschuldung tun?
In einer Demokratie haben wir Bürger wichtige Möglichkeiten: Wir können wählen und wir können uns in Parteien engagieren! Verschiedene Parteien haben unterschiedliche Ideen, wie sie mit Geld umgehen. Doch ist es nicht einfach so, dass sich die einen einseitig für weniger Ausgaben und einen Schuldenabbau einsetzen, während andere Vieles versprechen und alles über Schulden finanzieren wollen. Die politische Praxis bewegt sich zwischen diesen Polen. Deshalb ist es wichtig, genau hinzuhören und auch nachzufragen.
Wir müssen aus meiner Sicht viel intensiver über unsere finanziellen Möglichkeiten sprechen und vor allem, ob das Geld auch sinnvoll eingesetzt wird. Allein das Versprechen, mehr Geld beispielsweise für Bildung ausgeben zu wollen, reicht nicht aus. Hier müssen wir als Wähler mehr Informationen einfordern und die Politik nicht nur bei Wahlen kritisch begleiten. Schließlich habe ich oft den Eindruck, dass die junge Generation zu wenig in den Parteien und in der Politik vertreten ist und deshalb auch wenig gehört wird.
Was ist gute/ schlechte Staatsverschuldung?
Nicht alle Schulden sind schlecht. Manchmal braucht der Staat Kredite, z. B. in großen Krisen wie der Corona-Pandemie oder um nach Naturkatastrophen schnell zu helfen. Unsere Schuldenbremse im Grundgesetz erlaubt das – aber nur, wenn es wirklich nötig ist.
Wichtig ist, wofür das Geld ausgegeben wird. Ein Beispiel: Wenn Schulden gemacht werden, um Schulen zu modernisieren oder neue Bahnstrecken zu bauen, profitieren viele Menschen lange davon. Schlecht ist es, wenn das Geld nur für kurzfristige Ausgaben verwendet wird, die keinen dauerhaften Nutzen haben – z. B. für Verwaltungskosten oder Projekte, die schnell wieder verschwinden. Schulden sind wie Medizin: In kleinen Dosen können sie nützlich sein, in großen Dosen schaden sie. Grundsätzlich wäre es aber gut, wenn wir ohne Medizin auskommen, und so ist es auch mit den Schulden! Wir dürfen aktuell nicht übersehen, dass unser Staat fast eine Billion Euro Steuern einnimmt und damit bereits über sehr viel Geld verfügt.